Leistungsausschüsse in der Sozialversicherung wieder einführen

Versichertennähe durch Aufwertung der Selbstverwaltung stärken

Seit Jänner 2020 funktioniert die Sozialversicherung anders. Die Selbstverwaltung wurde, teils unter heftiger Kritik, strukturell umgestaltet. Eine umstrittene Änderung war die Abschaffung der Leistungsausschüsse, welche in den Sozialversicherungen in den Landesstellen eingerichtet waren. Deren Aufgaben werden seither durch die jeweiligen Referenten, ohne Einbindung der Selbstverwaltung, erledigt.

Die Verantwortung, ob etwa eine Kur, diverse Heilbehelfe oder eine Berufsunfähigkeitspension genehmigt werden, liegt nun allein in der Verantwortung der Büroorganisation der jeweiligen SV. Es zeigt sich nun, dass die Einbindung der ArbeitnehmerInnen- bzw. ArbeitgeberInnenvertreter“, für die Versicherten Vorort sinnvoll und notwendig war, so Franz Gosch, Bundesgeschäftsführer der Fraktion Christlicher GewerkschafterInnen in der Gewerkschaft GPA. Wolfgang Pischinger, Vorsitzender der FCG/GPA bringt ein weiteres Beispiel aus der Allgemeinen Unfallversicherung. „Auch hier wurde die Selbstverwaltung abgeschafft. Mit nachteilige Folgen! Das System, das zwischen der Leistungsabteilung der AUVA (die die Erhebungen eines Arbeitsunfalles durchführt), dem medizinischen Dienst (der über die medizinischen Einschränkungen der verunfallten Person befindet) und der Selbstverwaltung (die die berufsbezogenen und privaten Auswirkungen abschätzt) war in der Vergangenheit ein Garant, um den Versicherten die höchstmögliche Qualität bieten zu können.“

Praxiskenntnis der Selbstverwaltung notwendig. Für die Menschen!

Die FCG/GPA fordert, die Versicherungsnähe der Sozialversicherung durch die Aufwertung der Selbstverwaltung wieder zu stärken. Nachdem nach der Sozialversicherungs-Strukturreform die Landesstellenausschüsse in den Bundesländern beibehalten wurden, könnte diesen Gremien mit wenig Aufwand die Entscheidungskompetenz über die, den Ausschüssen vorbehaltenen, Leistungen wieder übertragen werden.

Es dürfe nicht sein, dass in jedem individuellen Einzelfall nun lediglich ein ärztliches Gutachten über Invaliditätspensionen, Berufsunfähigkeitspensionen, SchwerarbeiterInnenpensionen, Reha-Gelder, Pflegegelder, etc. entscheide, so die Forderung der FCG/GPA. „Wir müssen vermeiden, dass etwa eine Excel-Tabelle über die Anerkennung von Schwerarbeit entscheide. Verbraucht ein Arbeitnehmer laut standardisierter Tabelle 1.950 „Arbeitskalorien“ statt 2.000 Arbeitskalorien, wird Schwerarbeit abgelehnt. Das ist unfair und unwürdig“, kritisiert Pischinger.

„Der Mensch und der individuelle Bezug auf den konkreten Arbeitsplatz dürfen nicht auf der Strecke bleiben“, so Pischinger und Gosch abschließend.